10.4. – 18.8.2025

It’s Just a Matter of Time

Sammlung Deutsche Bank im Dialog

Alle Gebäude tragen in ihren Wänden das Echo sich überschneidender Zeitlinien. Jeder Raum, jeder Riss in der Fassade und die umliegenden Straßen ist gezeichnet von den Spuren, derer, die hier gelebt und gewohnt haben - sie zeugen von den Momenten, die hier erlebt wurden. Wird eine Schicht entfernt, kommen unzählige Geschichten zum Vorschein. In ähnlicher Weise sind Kunstsammlungen Hüterinnen der Zeit, in ihnen sind die Erinnerungen von Generationen und soziopolitische Ereignisse eingeschrieben. Die Kunstwerke, die sie bewahren, dokumentieren ebenso wie die Werke, die ihnen fehlen, die sich wandelnde Gegenwart. Ausgehend von der wechselhaften Geschichte des PalaisPopulaire erkundet die Ausstellung It’s Just a Matter of Time die vielschichtigen Überschneidungen von Zeit. 

1730 zunächst als zwei getrennte Häuser am Berliner Festungsgraben erbaut, wurden die Bauten vom preußischen Architekten Friedrich Wilhelm Diterichs durch einen zentralen Anbau zu einem Palais vereint. Im Jahr 1788 wurde das Gebäude zur königlichen Residenz und beherbergte unter anderem die Töchter von König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise von Preußen – die Prinzessinnen Charlotte, Alexandrine und Luise. Seit 1810 wird es als Prinzessinnenpalais benannt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es von den politischen und kulturellen Veränderungen der jeweiligen Epochen geprägt: Jahre nach dem Sturz der Monarchie 1918 wurde es 1931 zunächst als Schinkel Museum, danach für Wechselausstellungen genutzt. 1933 wurden nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten über 20 000 Bücher auf dem nahe gelegenen Opernplatz in einem brutalen Akt der kulturellen Auslöschung verbrannt.

Im geteilten Berlin der Nachkriegszeit war das Palais Teil der Deutschen Demokratischen Republik. In unmittelbarer Nähe des Palastes der Republik, in dem von 1976 bis 1990 das DDR-Parlament tagte, befand es sich im baulichen Zentrum der Zeit des Kalten Krieges mit seinen konträren Ideologien. Während dieser Zeit wurde der Bau als Operncafé genutzt, in dem auch Tanzveranstaltungen angeboten wurden, die eine kleine Flucht aus dem starren politischen System ermöglichten. Nach längerem Leerstand wurde das Palais 2018 als Ort für zeitgenössische Kunst wiedereröffnet.

Diese historischen Schichten bilden den Hintergrund für It’s Just a Matter of Time. Die als kontemplative Reise konzipierte Ausstellung präsentiert künstlerische Positionen von 1946 bis heute und zeigt Werke aus der Sammlung Deutsche Bank sowie ausgewählte Leihgaben. Mit dem Verständnis, dass Institutionen in größere städtebauliche und historische Zusammenhänge eingebettet sind, stellt die Ausstellung immer wieder Verbindungen zwischen dem Innen- und Außenraum her. Über die Wände der Galerien hinaus unterstreicht sie die Idee, dass die Geschichte eines Ortes immer auch mit der der Stadt verflochten ist. 

It’s Just a Matter of Time erhebt nicht den Anspruch, Geschichte abzubilden oder sie umfassend darzustellen. Vielmehr sollen die Echos der Vergangenheit aufgespürt werden – Fragmente, die fortbestehen, wieder auftauchen und sich mit der Gegenwart verflechten. Mittels dieser Abwesenheiten wird Geschichte nicht nur erzählt, sondern erlebbar gemacht. Die Zeit zeigt sich als Kontinuum, in dem sich Erinnerung und Erfahrung stets weiterentwickeln.

Kuratiert von Liberty Adrien & Carina Bukuts

 

Künstler*innen: Kai Althoff, James Gregory Atkinson, Max Beckmann, Marianne Berenhaut, Heidi Bucher, Wisrah C. V. da R. Celestino, Christo, Tony Cokes, Latifa Echakhch, Ayşe Erkmen, Felix Gonzalez-Torres, Shilpa Gupta, Petrit Halilaj, Lena Henke, Julian Irlinger, Martin Kippenberger, Nancy Lupo, Cildo Meireles, Philippe Parreno, Manfred Paul, Julia Phillips, Adrian Piper, Cornelia Schleime, Georges Tony Stoll, Rosemarie Trockel, Rachel Whiteread, Kandis Williams

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ab dem 13.4.: sonntags 15 Uhr auf Deutsch, 16 Uhr auf Englisch

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ab dem 10.4.2025

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Rosemarie Trockel, Ohne Titel (Schizopullover), 1988 © VG Bild-Kunst, Bonn 2025