14.8. – 15.9.2025

OnView – Dance

Filmserie

OnView ist eine kuratierte Filmreihe des PalaisPopulaire: Jeweils im Frühjahr und Herbst präsentiert das Haus über einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen Filme internationaler Künstler*innen zu einem Themenbereich.

Unter dem Titel Dance vereint die zweite Ausgabe Filme von Clément Cogitore, Tracey Emin, Ayşe Erkmen, Loïe Fuller, Christian Jankowski, Joan Jonas, Ala Savashevich und Gabriele Stötzer. Sie zeigen die unterschiedlichsten gesellschaftlichen und künstlerischen Facetten von Tanz. In ihm spiegeln sich Gefühl, Rhythmus und Ekstase wider – als Ausdruck darstellender Kunst, von Ritualen oder sozialer Interaktionen. Tanz ist viel mehr als Bewegung, „Tanz ist die verborgene Sprache der Seele,“ so Martha Graham. „Er könnte vielleicht zuerst tanzen und dann denken“, schlägt Estragon in Samuel Becketts 'Warten auf Godot' vor, um darauf von Pozzo zu hören, „nichts leichter als das. Es ist übrigens die natürliche Reihenfolge.“

Kuratiert von Sara Bernshausen, Stellvertretende Direktorin PalaisPopulaire


Gesamtlänge: 43:23 Minuten

Abfolge:

Gabriele Stötzer, Veitstanz / Feixtanz, 1988

Gabriele Stötzer, Veitstanz/Feixtanz, 1988

Das Phänomen des Veitstanzes wird erstmals im Mittelalter beschrieben: Menschengruppen tanzten in der Öffentlichkeit bis zur Bewusstlosigkeit. Im Sommer 1988, in den letzten Monaten der SED-Diktatur, bat die oppositionelle Künstlerin und Schriftstellerin Gabriele Stötzer 13 Freund*innen eigene Bewegungen zu entwickeln, die sie bis zur Ekstase führen sollten. Ihre Dokumentation Veitstanz/Feixtanz ist, wie sie selbst sagt, „ein Ausdruck der Freiheit, die uns allen innewohnt, wenn wir sie uns nehmen“.

aufgenommen auf Super 8, übertragen auf Digital
22:25 min
Courtesy of the Artist and Loock Galerie, Berlin
© VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Ala Savashevich, The Rite of Spring, 2020-2022

Ala Savashevich, The Rite of Spring, 2020/2022

Igor Strawinskys Le Sacre du printemps (1913) zählt zu den Meisterwerken der modernen Ballettmusiken für Orchester und ist unmittelbar mit dem Solotänzer und Choreografen Vaslav Nijinsky verbunden. In ihrem Film The Rite of the Spring (2020–2022) tritt die belarussische Künstlerin Ala Savashevich selbst als Auserwählte im finalen Opfertanz des heidnischen Frühlingsrituals auf. Mit ihrer selbstgeschneiderten Filzuniform nimmt sie Bezug auf Paraden und Proteste in ihrem Heimatland anlässlich der Militärparade im Frühling 2021. Expressive Musik und Tanz werden zur Metapher für den Zusammenstoß von Individuum und autoritärem Regime.

Video, Farbe, Ton
3:24 min
Courtesy of the Artist
© Ala Savashevich; Photo: Alicja Kielan

Clément Cogitore, Les Indes Galantes, 2017

Clément Cogitore, Les Indes Galantes, 2017

Jean-Philippe Rameaus barockes Opernballett Les Indes galantes hatte 1735 seine Premiere in Paris und brachte erstmals Künstler*innen afrikanischer Herkunft auf die Bühne. Inspiriert von Rhythmus und Bewegung Indigener Stammestänze war es eine Sensation. 2017 inszeniert der französische Künstler Clément Cogitore das Stück mit jungen Tänzer*innen neu und verortet es im aktuellen Diskurs. Zum Ausdruck kommt in der Videoarbeit die eurozentrische Historie ebenso wie Mechanismen kultureller Aneignung und die Frage nach dem Konzept nationaler Identitäten in der heutigen multikulturellen Gesellschaft Frankreichs.

HD-Video, Farbe, Ton
5:26 min
© Courtesy of the Artist, Chantal Crousel Consulting, Paris and Galerie Elisabeth & Reinhard Hauff, Stuttgart

Loie Fuller, Serpentine Dance, 1905

Loïe Fuller, Serpentinentanz, 1905

Mit ihrem Schleiertanz, dem Serpentinentanz, machte die US-amerikanische Tänzerin Loïe Fuller ab 1892 auf den Bühnen der Welt Furore. Federleichte, meterlange Seidenstoffe schwingen in Wellen- und Spiralformen um den Körper der Tänzerin. Farbige Lichteffekte, die auf die Stoffe projiziert wurden, brachten das Publikum zum Staunen. Durch diesen Film aus den Anfängen des Bewegtbildes wurde Fuller mit ihrem Tanz zur Ikone des Jugendstils und der Belle Époque.

aufgenommen auf 17,5 mm, übertragen auf Digital, schwarzweiß, koloriert, ohne Ton
1:36 min
© Loïe Fuller

Joan Jonas, Wind, 1968

Joan Jonas, Wind, 1968

Wind zählt zu den frühesten Performances der US-amerikanischen Künstlerin Joan Jonas, die als Pionierin der Performancekunst, des experimentellen Films und der Videoinstallation gilt. In der Arbeit von 1968 lässt die Künstlerin in einer Mischung aus Choreografie, Zeremonie und Improvisation den Wind die Bewegungen der Performer*innen bestimmen. Anstelle einer narrativen Kontinuität setzt Jonas die disruptiven Elemente des zeitgenössischen Tanzes und des Avantgardefilms.

16 mm Film, übertragen auf HD-Video, schwarzweiß, ohne Ton
5:37 min
Courtesy of the artist and Electronic Arts Intermix (EAI), New York
© Joan Jonas / VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Christian Jankowski, Rooftop Routine, 2007

Christian Jankowski, Rooftop Routine, 2007

In seinem Video Rooftop Routine, für die Performa 2007 in New York, bezieht sich Christian Jankowski auf Performances der späten 1960er- und 1970er-Jahre. Der deutsche Künstler ließ sich von seiner Nachbarin Suat Ling Chua inspirieren, die von einem chinesischen Popsong begleitet, Hula-Hoop-Posen und -Bewegungen erklärt. Gleichzeitig folgen rund zwei Dutzend Tänzer*innen auf den umliegenden Dächern von Chinatown ihren Anweisungen. In der heutigen, fortgeschrittenen Medialisierung und Unterhaltungsindustrie werden die poetischen Bilder der Performance zu einem spielerischen Kommentar zu Unterricht, Nachahmung und Spektakel.

Video, NTSC, Farbe, Ton
4:30 min
Courtesy of the Artist
© Christian Jankowski

Tracey Emin, Why I never became a dancer, 1995

Tracey Emin, Why I Never Became a Dancer, 1995

Mit leicht verwackelten, unscharfen Aufnahmen von Häusern, Straßenzügen und Blicken über den Strand fängt Tracey Emin in ihrem Super-8-Film Why I Never Became a Dancer (1995) ganz beiläufig ihre südenglische Heimatstadt Margate ein. Erst durch ihren Kommentar füllt die britische Künstlerin unspezifische Orte und Plätze mit Geschichte und Erinnerung. Das Werk ist eine Reflexion ihrer Erfahrungen, die Themen wie Verletzlichkeit, Widerstandsfähigkeit und die Auswirkungen sexuellen Mobbings miteinander verwebt. Why I Never Became a Dancer zeigt Emins Fähigkeit, zutiefst persönliche und schmerzhafte Erinnerungen auf einer universellen Ebene durch Selbstermächtigung in Kunst zu verwandeln.

1-Kanal-Video, Farbe, Ton
6:32 min
Courtesy of the Artist and Sammlung Goetz, Medienkunst, München
© Tracey Emin. All rights reserved / VG Bild-Kunst, Bonn 2025  

Ayse Erkmen, Emre & Dario, 1998

Ayşe Erkmen, Emre & Dario, 1998

Auf die Melancholie von Emins Film mit ihrem Tanzsolo folgt Ayşe Erkmens Videoarbeit Emre & Dario (1998). Hier tanzt der Sohn der Künstlerin zu dem französischen Lied Istanbul c’est Constantinople / C’est à Istanbul ou Constantinople von Dario Moreno aus dem Jahr 1954. Ein Ohrwurm als Melodie und schwungvoll im Salsa-Schritt thematisiert Erkmens Arbeit Liebe, Sehnsucht und Versprechen im Kontext der Suche nach kultureller Identität und Herkunft.

Video – DVD (PAL), Farbe, Ton
12:12 min
Courtesy of the Artist and Galerie Trautwein Herleth, Berlin
© VG Bild-Kunst, Bonn 2025