• SculpturePopulaire


Bald zu sehen

Nessie Nezilla, Paperbomb, 2024

12.2. – 31.3.2025

Nessi Nezilla „Paperbomb“

Die zwei Meter hohe Skulptur der deutsch-italienischen Künstlerin Nessi Nezilla (*1990), verkörpert extreme Gegensätze: Gegossen aus Aluminium, wirkt die „Bombe“ federleicht wie aus Papier, wie ein Origami-Kunstwerk. Dabei spielt Nezilla nicht nur mit dem Material, sondern auch mit den Größenverhältnissen. 

Das Werk ist eine Meditation über die zerstörerische Gewalt von Kriegen, die jederzeit wieder aufflammen können, über die Zerbrechlichkeit des Lebens, eine Erinnerung daran, dass auch der Frieden kein fester, dauerhafter Zustand ist, sondern bewahrt werden muss.

Inspiriert wurde Paperbomb durch die Geschichte des japanischen Mädchens Sadako Sasaki (1943–1955), eine der bekanntesten Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Sie war zum Zeitpunkt des Abwurfs zwei Jahre alt. Wie viele betroffene Kinder wuchs sie zunächst scheinbar gesund und sogar sportlich auf, bis bei ihr, ähnlich wie bei vielen weiteren Leidtragenden, im Alter von zwölf Jahren Leukämie diagnostiziert wurde. Eine japanische Legende besagt, dass man einen Wunsch an die Götter richten darf, wenn ihnen zu Ehren 1000 Origami-Kraniche faltet. Sadako Sasaki, die mehrere Monate im Krankenhaus lag, faltete bis zu ihrem Tod 1600 Papierkraniche, die zum Symbol der internationalen Friedensbewegung und des Widerstands gegen den Krieg wurden.

Nezilla hat mit dieser Arbeit, die im Rahmen der Reihe SculpturePopulaire in der Rotunde des PalaisPopulaire präsentiert wird, ein Kunstwerk geschaffen, das nicht nur mahnt, sondern auch Hoffnung macht. Paperbomb symbolisiert, dass nicht nur der Frieden ein wandelbarer Zustand ist, der jederzeit beendet werden kann, sondern auch der Krieg.

Nessie Nezilla, Paperbomb, 2024 © Ralf Engelsmann


Rückblick

2024

Leiko Ikemura „With Blue Birds“

Unter dem Titel With Blue Birds widmet das PalaisPopulaire Leiko Ikemura eine Präsentation, die im Außenbereich und in der Rotunde skulpturalen Leihgaben mit Papierarbeiten aus der Sammlung Deutsche Bank vereint. Die Inspiration für ihre Kunst fand Ikemura ebenso in alten japanischen Meistern als auch im Surrealismus, der Nachkriegsmoderne und der erneuerten figurativen Malerei der 1980er-Jahre. Ihre Arbeiten zeigen hybride, mythologische Wesen, Mädchen und Frauen, die sich im Übergang zwischen Mensch, Tier, Pflanze befinden. Immer geht es auch um psychologische, gesellschaftliche, spirituelle Zustände, das Verhältnis zwischen Zivilisation und Natur. Die Usagi, japanisch für Hase, tauchten als zentrales Motiv erstmals 2011 nach der Atomkatastrophe in Fukushima in Ikemuras bildhauerischem Werk auf, das sich aus der Malerei entwickelte. Die Kreatur mit Kaninchenohren und menschlichem Gesicht ist ein Symbol für universelle Trauer, aber auch für Resilienz und Erneuerung. Ikemuras Figuren tragen kegelförmige, hohle Röcke, die an Ritualgewänder oder Architekturen erinnern, und die Beziehung von innerer und äußerer Wirklichkeit thematisieren. Diese Dialektik greift die Präsentation auf. Auf dem Bebelplatz lädt die Figure with Three Birds (2021) zum Verweilen ein. Die runde Form wird in der Rotunde im Inneren des Hauses wieder aufgegriffen, in deren Mitte die totemistische Hasen-Säule III (2021) steht, umgeben von frühen, selten gezeigten Zeichnungen. Dabei fällt der Blick ins Freie, in einer Art Kreislaufbewegung, zurück zur anderen Skulptur – eine fast heitere Meditation über den heiklen Zustand der Welt.

Leiko Ikemura, Figure with Three Birds, 2021 © VG Bild-Kunst, Bonn 2024


2023

Erwin Wurm „Tor (Skins)“

Der Künstler Erwin Wurm stellt die Regeln der Bildhauerei auf den Kopf. Seine performative und ephemere Skulpturen erobern die Museen, in denen sich die Besucher*innen mit ein paar banalen Gegenständen selbst zur Skulptur machen können. Bei aller Komik und Schlagkraft geht es um formale Fragen: Was ist das Objekt? Was ist das Subjekt? Wurm experimentiert mit Zwei- und Dreidimensionalität, Masse, Oberfläche und Volumen. Es entstehen weitere ikonische Werke wie die „fetten“, wie aufgeblasen wirkenden Autos und Einfamilienhäuser.

In seinen jüngsten Skulpturen aus der Serie Skins (2021), von denen eine nun im Rahmen von SculpturePopulaire vor dem PalaisPopulaire präsentiert wird, geht Wurm den umgekehrten Weg. Radikal reduziert er das Volumen. Seine fast vier Meter hohen Arbeiten wirken wie Kleiderhüllen oder Häute, aus denen Körper herausgesaugt wurden. Die filigranen, zerbrechlich anmutenden Skulpturen bestehen aus Teilabgüssen lebender Modelle, die sich bücken, heben, Gegenstände halten. Dabei ist die Beziehung des Künstlers zu seinen Modellen entscheidend. Zu ihnen gehören bei den Skins Michael, der Sohn des Künstlers, und der Schauspieler und Künstler Lars Eidinger, mit dem Wurm seit Langem eng zusammenarbeitet.

Erwin Wurm, Tor (Skins), 2021 © VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Courtesy Thaddaeus Ropac, London/Paris/Salzburg/Seoul, Foto: Mathias Schormann


2022-2023

Bunny Rogers „Techo Statue (turquoise)“

Bunny Rogers, 1990 in Houston geboren, wurde mit dem Internet sozialisiert. Sie wuchs Ende der 1990er-Jahre mit Online Communities wie AOL Kids oder Second Life auf, und entwarf auf der Plattform Neopets digitale Figuren für den virtuellen Planeten Neopia, der von Neopets und anderen Kreaturen bewohnt wird.

Ihre abgründigen Skulpturen, Installationen, Bilder, Performances und Videos machten sie zum Shooting Star der jungen US-Szene. In ihnen beschwört sie einen traumatischen Teen- Kosmos, der tief in die Psyche und soziale Realität Amerikas vordringt.

Ihre aus Bronze gegossene Techo Statue (turquoise), 2021, die vor dem PalaisPopulaire präsentiert wird, entstand nach Rogers frühen Entwürfen und verbindet sich mit dem Gefühl von Community und der utopischen Idee, neue Welten zu bauen. Doch auch dieses Werk hat den für Rogers so typischen Gothic-Appeal, dessen Figuren an alte Wasserspeier erinnern.

Bunny Rogers, Techo Statue (turquoise), 2021 © Courtesy the artist, Société, Berlin and Thaddaeus Ropac, London/Paris/Salzburg/Seoul; Photo: Mathias Schormann


Kitty Fountain von Tom Sachs

2021-2022

Tom Sachs „Kitty Fountain“

Tom Sachs’ drei Meter hohe, in Bronze gegossene Kitty Fountain entstand 2008. Sie war ursprünglich Teil des monumentalen Skulpturenensembles Bronze Collection. Diese Gruppe von Brunnenskulpturen wurde 2008 in den Noguchi Gardens des New Yorker Lever House installiert und im selben Jahr im Rahmen einer Ausstellung auf dem Place du Trocadéro mit Blick auf den Pariser Eifelturm gezeigt.

Für das Ensemble vereinte Sachs die ikonischen Kinderfiguren „Hello Kitty“ und „My Melody“, die beide von der japanischen Firma Sanrio 1974 auf den Markt gebracht wurden, mit „Miffy“, einem kleinen Kaninchen, das der niederländische Autor und Grafikdesigner Dick Bruna 1955 entworfen hatte. Alle drei Charaktere werden als Merchandising-Produkte massenhaft vermarktet und zeichnen sich durch eine grafische und starke Stilisierung aus, was dem Gedanken einer detailliert ausgearbeiteten, klassischen Skulptur widerspricht.

Kitty Fountain wurde als reine Merchandising- und Lizenzfigur erfunden“, äußerte Sachs 2008. „Sie dann in einem ‚edlen‘ Material wie Bronze nachzubilden, bringt sie, denke ich, genau auf den Punkt.“

Tom Sachs, Kitty Fountain, 2008 © Tom Sachs, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg · Seoul, Photo: Mathias Schormann


2021

VALIE EXPORT „Die Doppelgängerin”

Von September 2020 war vor dem PalaisPopulaire die Skulptur Die Doppelgängerin (2010/20) der österreichischen Filmemacherin, Medien- und Performancekünstlerin VALIE EXPORT zu sehen. Zwei gigantische Scheren, verschränkt zu einer ebenso grazilen wie bedrohlichen Figur: Die über vier Meter hohe Arbeit löst die unterschiedlichsten Assoziationen aus. Traditionell wird die Schere mit Nähen, Schneidern, den Sphären des „Femininen“ verbunden, aber auch mit männlichen Kastrationsängsten und „weiblich“ konnotierter Gewalt.

Die 1940 geborene VALIE EXPORT gehört zu den Pionierinnen der feministischen Avantgarde und der konzeptuellen Medien-, Performance- und Filmkunst. Als eine der führenden Vertreterinnen der europäischen Bewegung des „Expanded Cinema“ versuchte sie bereits in den 1960er-Jahren, die Grenzen des konventionellen Kinos radikal zu sprengen. Immer wieder hat die 1940 geborene Künstlerin mit heftig diskutierten Aktionen und Werken wie ihrem berühmten Tapp- und Tastkino (1968) Diskriminierung von Frauen und gegen sie gerichtete Gewalt thematisiert.

VALIE EXPORT, Die Doppelgängerin, 2010/2020 © VG Bild-Kunst Bonn, 2020, Courtesy the artist and Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg, Foto: Mathias Schormann


Tony Cragg „Runner“ Skulptur vor dem Palais

2019

Tony Cragg „Runner”

Ständige Veränderung ist eine Konstante im Werk von Tony Cragg. Kaum ein anderer Bildhauer hat Bronze, Edelstahl, Stein, aber auch Kunststoffen solch eine dynamische Eleganz verliehen. Für sein Werk wurde er bereits mit dem Turner-Preis und dem Praemium Imperiale ausgezeichnet. Seine fast sechs Meter hohe Skulptur Runner (2017) war ab April 2019 vor dem PalaisPopulaire in Berlin zu sehen.

Der in Liverpool geborene Bildhauer, der seit 1977 in Wuppertal lebt, zählt zu den zentralen Positionen in der Sammlung Deutsche Bank. Schon früh wurden zahlreiche Arbeiten auf Papier von ihm gesammelt. Seine monumentale, aus tausenden von Spielwürfeln zusammengesetzte Skulptur Secretions (1998) hat im Londoner Hauptsitz der Bank einen prominenten Platz gefunden.

Tony Cragg, Runner, 2017 © VG Bild-Kunst 2020, Foto: David von Becker