Belvedere heißt auf italienisch schöne Aussicht. In der Architektur nennt man Balkone oder Gebäude so, die einen weiten, herrlichen Blick schenken. Hier löst sich der Horizont im Nebel auf. Ein älterer Mann steht an einer von Graffiti überzogenen Kaimauer. Nichts als trübes Meer ist zu sehen. Trotzdem hat die Künstlerin Yto Barrada dieses Werk Belvedere genannt. In Blickrichtung des Mannes liegt Europa, nur 13 Kilometer entfernt. Er steht am Hafen von Tanger, der marokkanischen Stadt an der Meerenge von Gibraltar. Nirgendwo sind sich Afrika und Europa näher – zumindest geografisch.
Seit dem Abkommen von Schengen im Jahr 1985 dürfen Marokkanerinnen und Marokkaner nicht mehr, wie bisher, ungehindert nach Europa reisen. Während Millionen von Touristen aus Europa kommen, ist für sie der Nachbarkontinent in die Ferne gerückt. Viele blicken von hier auf Europa als einen Kontinent der Wohlstand und Sicherheit verheißt. Eine schöne Aussicht – aber unerreichbar. Zahlreiche Migrantinnen und Migranten versuchen trotzdem, die Grenze über die Meerenge zu überwinden – oft mit tödlichen Folgen. Die Menschen, die die Überquerung wagen, nennt man in Tanger „Burner“. Auf der Suche nach einem neuen Leben auf der anderen Seite der Meerenge haben sie ihre Ausweispapiere verbrannt und so mit dem Gesetz und den Konventionen ihres Staates gebrochen. Yto Barrada, die seit den 1990er Jahren dort lebt, berichtet: „weil man seine Vergangenheit, seine Identität, seine Papiere verbrennt. Die Tatsache, dass die Grenze geschlossen ist, schafft diese Situation der Sehnsucht, des Wunsches, sie zu überqueren, und die Gewalt dieses Wunsches besteht darin, dass er mit einer Mauer konfrontiert wird. Was ich in meinen Bildern zu beschreiben versuche, ist dieser Zustand, diese Situation.“
Informationen
Yto Barrada
*1971, Paris, Frankreich
Lebt und arbeitet in Tanger, Marokko und New York, USA
© Courtesy the artist and Sfeir-Semler Gallery, Beirut / Hamburg
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Belvedere heißt auf italienisch schöne Aussicht. In der Architektur nennt man Balkone oder Gebäude so, die einen weiten, herrlichen Blick schenken. Hier löst sich der Horizont im Nebel auf. Ein älterer Mann steht an einer von Graffiti überzogenen Kaimauer. Nichts als trübes Meer ist zu sehen. Trotzdem hat die Künstlerin Yto Barrada dieses Werk Belvedere genannt. In Blickrichtung des Mannes liegt Europa, nur 13 Kilometer entfernt. Er steht am Hafen von Tanger, der marokkanischen Stadt an der Meerenge von Gibraltar. Nirgendwo sind sich Afrika und Europa näher – zumindest geografisch.
Seit dem Abkommen von Schengen im Jahr 1985 dürfen Marokkanerinnen und Marokkaner nicht mehr, wie bisher, ungehindert nach Europa reisen. Während Millionen von Touristen aus Europa kommen, ist für sie der Nachbarkontinent in die Ferne gerückt. Viele blicken von hier auf Europa als einen Kontinent der Wohlstand und Sicherheit verheißt. Eine schöne Aussicht – aber unerreichbar. Zahlreiche Migrantinnen und Migranten versuchen trotzdem, die Grenze über die Meerenge zu überwinden – oft mit tödlichen Folgen. Die Menschen, die die Überquerung wagen, nennt man in Tanger „Burner“. Auf der Suche nach einem neuen Leben auf der anderen Seite der Meerenge haben sie ihre Ausweispapiere verbrannt und so mit dem Gesetz und den Konventionen ihres Staates gebrochen. Yto Barrada, die seit den 1990er Jahren dort lebt, berichtet: „weil man seine Vergangenheit, seine Identität, seine Papiere verbrennt. Die Tatsache, dass die Grenze geschlossen ist, schafft diese Situation der Sehnsucht, des Wunsches, sie zu überqueren, und die Gewalt dieses Wunsches besteht darin, dass er mit einer Mauer konfrontiert wird. Was ich in meinen Bildern zu beschreiben versuche, ist dieser Zustand, diese Situation.“
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